Alfred
Reuters
MENSCHLICHE
ZÜGE
Grotesque
Tragödie in drei Akten
Im
Verlag der
humpelmedia
enterprises
den Liebenden der Welt zur erbaulichen Lektür' und Mahnung
Humpelmedia
Enterprises - Bibliothek Nr.03
Doch
voran etwas wie ein warmes Wort zum “wieso”...
“Menschliche Züge” entstand in Zusammenhang
mit dem Thema “Bahnhof” welches zu damaliger Zeit als Semesterthema
gegeben ward.
Zu
Anfang dachten wir an eine Art Improvisations - Ballett in grotesken
Kostümen,
später schrieb ich hierzu das vorliegende Stück.
Bahnhof,
das ist das uralte Gleichnis vom Kommen und Gehen, vom Werden und Vergehen.
Bahnhof, das bedeutete in früheren Zeiten das magische Tor in eine andere
Welt, war Zauber, war Verheißung wie Bedrohung des Erwachsenwerdens,
war oft mit dem Abschiednehmen des Noch- Kindes von den Kindertagen
auf einem Bahnsteig verbunden. Den Zurückgebliebenen winkt nun
ein rapide fremder erscheinender Mensch aus dem Fenster eines Abteils
zu und verschwindet langsam am Horizont um nach Jahren gewandelt,
sich die Augen verwundert reibend, wieder aus dem gleichen Zug zu steigen;
um festzustellen, daß sich nichts und alles geändert hat.
Bahnhof,
das ist für mich der Kleinstadtbahnhof in W. , ist früheste Kindheitserinnerung
als Auftakt zu Ferienreisen. Dieser Bahnhof verliert in den frühen 70er
Jahren seinen eigentlichen Zweck. Die Strecke wird stilllgelegt. Der
Bahnhof wird mit der Besetzung durch die “Dorfjugend” zu Beginn der
80er Jahre Mittelpunkt juvenilen Müßiggangs und der Ort vielfältiger
Erfahrungen und somit Erinnerungen.
Erinnert Ihr Euch noch an........ich
werde etwas zu ausschweifend. Genug!
Gewidmet denen, die auf der Reise
sind, denen, die noch winkend auf dem Bahnsteig stehen, jenen,
die verschütt' gegangen sind und denen, die angekommen.
Insbesondere: US, SG & EW
A.R. 1996
Erster
Akt
Ein Kleinstadtbahnhof
Rechts ein Billettschalter;
zentral verläuft der Schienenstrang und verliert sich in der Unendlichkeit.
Signalanlagen, Bahnsteig, Kleinkram.
Erste
Szene
Dunkelheit.
Bahnhofsvorsteher, Lokomotive von links,
Billettverkäuferin, Kellnerin von rechts auf.
Ungeordneter Aufzug weiterer Komparserie;
nehmen Aufstellung und formieren sich zum Chor.
Beleuchtung langsam auf. Spot, nur Personen.
Lok: Wohlan,
mein Kessel steht schon unter Dampf,
ich geh' nun meinen Weg wie jeden Tag.
Und doch,
Dies ward mir nie zu Ungemach.
Auf, ihr Ventile!
Und Kolben: Stampft!
Ich bin eisern und nichts stört meinen Gang.
Bin ein Planet und kreis um meine Welt.
Chor:
Das gleiche Spiel wie jeden Tag,
Der Fahrplan, er gilt für ein Jahr,
Und bleibt doch ewig gleich.
Billettverkäuferin:
Ab nach A um neunuhrfuffzehn
Von da nach B wird’s weitergehen...zehnuhrfünf
Ankomme D und Aufenthalt bis elfuhrvier.
Um zwölf sind se dann widder hier.
Billett Zweite: vierfuffzisch!
Chor: Seht
an, die Reisenden erscheinen.
Bahnhofsvorsteher: ( hält seine Trillerpfeife
bereit )
Gleich kann das Spiel beginnen.
( schaut zögernd zur Uhr und stößt wenig
später in seine Pfeife: )
Kellnerin: Und
verzeiht uns manch Entgleisung...
... Zu spät, der Zug ist abgefahren.
Folgend: absurdes Ballett. Gewimmel auf der
Szene . Licht runter;
Personen ab.
Zweite
Szene
Leerer Bahnsteig; die Billettverkäuferin im Gehäus (liest einen Schundroman)
Licht hart von unten. Monstereffekt. Koffer in einer Ecke; elfuhrachtundvierzig
Ein Mann geht auf, tritt vor den Schalter
und legt wortlos einige Münzen in die Schale. Die Billettverkäuferin
schiebt ihm die Fahrkarte durch den Schlitz. Sie schaut nicht auf..
Sie sagt nichts.
Der Mann geht langsam zur Bahnsteigkante,
derweil er in seiner verbeulten Henkeltasche wühlt und eine Butterbrotdose
herauszieht. Er entnimmt ihr
eine Stulle, zieht sie auseinander und fingert
die Scheibe Käse heraus. Sie landet auf dem Bahnsteig. Der alte, herrenlose
Köter schnappt wie an jedem Werketag nach seiner einzigen Mahlzeit und
verzieht sich humpelnd mit ihr hinter die Bühne; hat nur noch drei Beine.
Der Mann beißt in sein Brot und vertieft sich
in seine Boulevard - Zeitung.
Geraume Zeit geschieht nichts Besonderes...Warten...
Eine junge Frau ( Anna )
betritt die Szene. Sie scheint etwas oder jemanden zu suchen. Weitere
Personen auf.
Es bildet sich eine Schlange vor dem Schalter.
Die Billettverkäuferin legt widerwillig ihren Roman aus den Händen und
wendet sich dem Ersten zu.
Billettverkäuferin: ( Unfreundlich;
öffnet das Sprechfenster ) Ja?
Erster Blaumann :
Ich dät en neu Monatskaat bruche, ming au is at wörm afjeloofe.
Billettverkäuferin:
( erhebt sich aus ihrem Stuhl und holt aus dem rückwärtigen Amtsstubenbereich
ein Formular;läßt sich wieder in den Sessel fallen: Name?!
Zweiter Blaumann: ( feixend ) Ja,
jiddetdatda !!? Kennste da nu der Schierens Fränz nit mie, Fienche?
Billettverkäuferin: ( einen vernichtenden
Blick in die Richtung des Flegels werfend, rückt ihre Amtsmütze
gerade ) Name?!!
Erster Blaumann: Franz Scheeren.
Billettverkäuferin: geboren...?
Erster Blaumann: vierunzwanzigsterjulineunzehnhunderteinun...
( das Telefon klingelt. )
die Billettverkäuferin räuspert sich kurz
und hebt den Hörer ab: Bundesbahndienststelle Wühabeefdrei, Josten
am Apparat, guten Tag.( hört einige Augenblicke zu, zwischendrein
einige
Ah ja, ja, danke Kollege! (knallt den
Hörer auf )
Die Billettverkäuferin nimmt ihre Dienstkopfbedeckung ab und stülpt
sich ein megaphonähnliches Gerät über den halben Schädel.. Sie öffnet
das Schiebefenster und streckt ihren Kopf vor:
ACHTUNG, ACHTUNG! DER REGIONALVERKEHRSZUG
VON A NACH B ÜBER C UND D NACH WÜHABEEF, GEPLANTE ANKUNFTSZEIT ZWÖLF
NULL NULL, VERZÖGERT SICH VORAUSSICHTLICH UM ZEHN MINUTEN.
Die Billettverkäuferin entfernt die Lautsprecheranlage
von ihrem Kopf und füllt nunmehr ohne weitere Fragen das Formular aus
und drückt einen Stempel auf die erneuerte Monatskarte:
Macht 56Mark80... is at wi´er düeder jewoode.
Der erste Blaumann legt ihr das Geld in die
Schale und erhält zwanzig Pfennig retour.
Billettverkäuferin: Sach
ens , Fränz, is am Samstag kejele? Ich ming mär: Matschö un Hilde sin
in Urloob un der Jupp hät diss Wääsch Dengs...Da würe wer jo mär ze
viert...och,...ens kicke...Et Els soll mich ens aroffe...ömme,...tschüss
tschühüss.
Der nächste Reisende tritt vor den Schalter.
Billettverkäuferin: ( ordnet
ihre Amtswürde ) Ja...Bitte!
Dritte
Szene
Das Geschehen am Schalter tritt nun wieder in den Hintergrund ohne
gänzlich zu ersterben.( Mauschel )
Die Aufmerksamkeit wird nun auf die in der
Zwischenzeit unentwegt umherirrende Anna gelenkt. ( Leise Flötenuntermalung
)
Anna:
Wo ist er?
Früh verließ er mich
Mir blieb sein Wort
Heut´ würden wir uns wiederseh'n
Vor sieben Jahren ging er fort
Und sich erst mal selbst verstehn
Jetzt steh ich hier wo's einst begann
Doch wo bleibt er?
Der bis dahin reglos in der hinteren Ecke
des Bahnhofs stehende Kofferhaufen beginnt sich langsam zu bewegen,
erhebt sich, und umtanzt zunehmend behender werdend die in´s leerende
starrende Anna, die von dem gesamten Vorgang ebensowenig Notiz zu nehmen
scheint wie die übrigen anwesenden Personen.
Der Koffer beginnt nun sein Lied:
So stehst du da
Und wartest noch auf den,
Der er einst war.
Was weißt du schon, was sich aus ihm gebar.
Er ging hinaus und fand sich nicht,
‘Ne Fratze ist jetzt sein Gesicht
Und alles, was er noch besitzt
Das ist in mir und dir.
Du hörst mich nicht, und hörst nicht ihn.
Ich spür, er ist nicht weit von hier,
Doch ist er schon unendlich fern.
Sein Leib verglüht,
Er wird zum Stern.
Der Koffer taumelt an seinen vorherigen
Platz zurück und sackt in sich zusammen.
Vierte
Szene
Der Bahhof hat sich unterdessen mit weiteren
Personen angefüllt. Vereinzelt Konversation. Zuerst fast unmerkbar,
werden nun stetig lauter werdende Geräusche eines nahenden Zuges gewahr.
Billettverkäuferin: ( Megaphon
) ACHTUNG, ACHTUNG! AUF BAHNSTEIG
EINS EINLAUFEND DER REGIONALVERKEHRSZUG VON A NACH B ÜBER C UND D NACH
WÜHABEEF MIT AUSSERPLANMÄSSIGER VERZÖGERUNG FÜNFZEHN MINUTEN. BITTE
VON DER BAHNSTEIG- KANTE ZURÜCKTRETEN! BITTE TRETEN SIE VON DER BAHNSTEIG
KANTE ZURÜCK!
Der Zug fährt unter starker Rauchentwicklung
in den Bahnhof ein. Die Lokomotive wirkt erschöpft.
Sie kommt zum Stillstand; zwei Mechaniker
in roten Overalls machen sich an ihr zu schaffen. Sie schlagen hier
und da mit einem Hammer auf sie ein, ziehen Muttern nach.
Der erste Schrauber
gibt seinem Handlanger kurze Anweisungen:
Zehner Nuß !.... Fettpresse ! .... Engländer!
Der zweite Schrauber wühlt daraufhin in seiner Werkzeugtasche, reicht
dem Meister. Dieser werkelt weiter...
Die ersten Reisenden besteigen den Zug,
nachdem die Ankommenden ausgestiegen sind.
Anna unterdessen schaut immer wieder auf die
Uhr, hält den Bahnhofs-
bereich suchend im Auge.
Nach einiger Zeit tritt sie vor den Schalter.
Anna :
Entschuldigen sie bitte...
Billettverkäuferin:
Augenblick...
( Liest eine Zeile ihres Schundromans zu Ende )
Wohin?
Anna: Ist
ihnen möglicherweise ein junger Mann, fünfundzwanzig, braune Haare,
und etwa so groß... aufgefallen?
(führt ihre rechte Hand etwa eine Kopflänge über ihren
eigenen in die Luft und läßt sie dort einige Zeit verharren...)
Wir wollten uns um zwölf hier
treffen.
Billettverkäuferin: Junge
Frau! Sie nehmen doch nicht wirklich an, daß ich in meiner hiesigen
Stellung nichts Anderes zu tun hätte, als den ganzen Tag nach
irgendwelchen verlorengegangenen Kerls Ausschau zu halten?
Anna: Ja, natürlich, aber...(
ihre Stimme scheint in aufkommenden Tränen zu ersticken, fängt sich
jedoch wieder. )
Wir wollten zusammen mit dem Zug nach...( schluchzen )
Billettverkäuferin: ( erschmilzt aus
ihrer Amtsstarre und wird plötzlich durch Annas Tränen zu menschlichem
Mitgefühl getrieben. )
Ach, nun wein doch mal nicht, Kindchen.
Es wird schon alles gut gehen.
Ist er nicht sogar eben in den Zug gestiegen?!
Anna: Sie kennen seinen
Namen?
Billettverkäuferin:
Äh? Wieso dat?
Der Bahnhofsvorsteher schickt sich unterdessen
an, dem Zug freie Fahrt zu signalisieren. Die Arbeiten an der Lok
sind beendet, die Reisenden haben Platz genommen.
Anna “reißt” sich vom Schalter los und
will in den Zug eilen.
Die Koffer werden zeitgleich eingeladen.
Billettverkäuferin: Halt!
Halt!
Sie haben kein Billett gelöst.
Sie dürfen ohne Billett weder den Bahnsteig,
geschweige denn den Zug betreten.
Anna eilt zum Schalter zurück, legt Geld
in die Schale.
Die Billettverkäuferin (sie hat das
Megaphon Aufgesetzt) reicht ihr das Ticket. Sie hat die Durchsage
bereits begonnen:
ACHTUNG! ACHTUNG! DER REGIONALVERKEHRSZUG
VON WÜHABEEF
NACH A ÜBER B NACH UND D VERLÄSST VON
GLEIS EINS DEN BAHN-
HOF. BITTE TRETEN SIE VON DER BAHNSTEIGKANTE
ZURÜCK UND
SCHLIESSEN SIE DIE TÜREN!
Anna besteigt den anfahrenden Zug. Der Bahnhofsvorsteher
bläst in seine Trillerpfeife, gestikuliert wild mit den Tischtennisschlägern.
Der Zug verläßt den Bahnhof.
Vorhang
- Ende erster Akt
Zweiter
Akt
Erste
Szene
Im Zug. Schlichtheit des typischen Regionalverkehrszugs vergangenerTage
Auf der Szene vornweg die Lokomotive; ein Waggon (aufgeschnitten). Hinter
den Fenstern zieht in gemächlichem Tempo die Landschaft vorüber.
Im Waggon: Anna, Koffer, zwei Blaumänner,
drei weibliche Reisende, sowie die Tanzkapelle. Hier und da belanglose
Konversation.
( Improvisationsspielraum für die Darsteller
) Die Musiker stimmen ihre Instrumente. Anna betritt von hinten den
Waggon. Sie durchquert ihn und mustert unverhohlen die anwesenden männlichen
Insassen. Schnell ist sie so am anderen Ende des Waggons angelangt,
und versucht hier die Tür zu öffnen.Sie bleibt verschlossen.
Erster Blaumann:
Wat willste denn vorn bei der Lok?!
Setz dich doch hier wat bei mir
hin,
hier
is et jenauso wärm...
hä,
hä, hä...!
( greift nach
ihrem Handgelenk;
erhält daraufhin einen Schlag ins Gesicht )
Zweiter Blaumann: Hä hääh!
( klatscht sich auf die Knie und in die Hände
)
Anna läßt sich in eine der Sitzreihen
niederfallen:
Scheißkerl! Scheißkerl! Warum bist du nicht gekommen?
Die Musiker ( Gitarre, Bongos,
Klarinette oder anderes ):
Es fährt ein Zug nach nirgendwo...
Oder ein ähnlich belangloses Liedchen aus dem
unerschöpflichen Schatz des deutschen Schlagertrallala. Die Reisenden
wiegen sich im Takt der Musik. Summen mit. Dabei werden die Bewegungen,
welche durch Schienenunebenheiten verursacht werden aufgenommen, stetig
aber langsam verstärkt.Nach und nach steigern sich die Bewegungen bis
es Niemanden mehr auf, den Bänken hält. Die weiblichen Reisenden gruppieren
sich um die Musiker, Singen nun lauthals mit und brechen dann gemeinsam
mit den Blaumännern und dem Koffer in ein groteskes Ballett aus.
Die Kellnerin tritt auf,
zieht gleich die Aufmerksamkeit der anwesenden
Gesellschaft auf sich.
Die Musik erstirbt fast gleichzeitig mit den
Tänzen. Wer mag läßt sich auf einer Bank nieder.
Kellnerin: Heißä
Würstchän!
Der Chor der Reisenden: Kalt und
abgeschmackt!
Kellnerin: Dazu ein knuspriges Toast...leck'ren
Senf...
Chor: Stücker Pappe drunter, oben
draufjekackt.
Ballett.
Die Reisenden umtanzen die Kellnerin, preisen
sie, lecken sie in ekelerregender Weise ab. Aus ihrer Senfflasche spritzt
sie ab und an eine Senffontäne. Die Reisenden schlecken die Substanz
von der Kellnerin und vom Fußboden.
Kellnerin: Doch
haltet ein,
Ihr vergaßet wohl das Zahlen!
Die Reisenden ziehen sich nunmehr flugs auf
ihre Plätze zurück,
setzen eine unbeteiligte Miene auf.
Kellnerin:
In des Kostens Überschwang
Gabt
ihr euch Gier.
Gar nahmt ihr über Maßen,
Was ich euch dargereicht.
Erforschet eure Herzen!
Langt in eure Beutel!
Gebt mir für das, durch mich erlangt,
So will auch ich noch mehr euch mitteln.
Die Kellnerin geht durch die Reihen. Sie verteilt Wurst und Brot;
erhält viele Münzen. Stilles Verzehren der Mahlzeit.
Hernach ein meditativer Singsang. Stille Einkehr.
Die Kellnerin verläßt das Abteil. Sphärenklänge.
Glorienkranz.
zweite szene
Das selbe Abteil. Schweigen.Geraume Zeit vergeht. .Etwa
zwei Minuten.
Anna starrt immer noch auf die vorbeiziehende
Leere. Die monotonen Fahrgeräusche verändern sich; Fahrtverlangsamung,
plötzlich ein metallisches Scheppern! Abrupt kommt der Zug zum Stillstand.
Die Insassen werden durchgeschüttelt, der
Koffer stürzt auf die Seite. Er
öffnet sich dabei; Inhalt quillt heraus. Ein
Schaffner eilt in den Waggon.
Einige Reisende lehnen sich aus den
Fenstern, suchen nach dem Grund
für den Halt.
Schaffner: Es liegt kein
Grund zur Beunruhigung vor!
Wir hatten ein kleines Problem mit der Lok.
Wir sind bemüht, den Schaden in Bälde zu beheben.
(räuspert sich)
Sind möglicherweise Schlosser, Mechaniker oder
Karosseriespengler unter den Mitfahrenden?
Blaumänner: Jo!
Die Blaumänner greifen ihre Werkzeugkisten, steigen aus und gehen
zur
Lok.
Schaffner: Die Fahrkarten bitte!!
Er schreitet von Fahrgast zu Fahrgast und beißt mit seiner riesigen
Zange winzige Lochmuster in die dargebotenen Papierstücke.
Er ist bei Anna angekommen. Sie blickt starr aus dem Fenster. Der Schaffner
tritt ihr die Koffer vor die Füße.. ( Er war während des plötzlichen
Abbremsens über den Gang bis auf die Höhe von Annas Sitzplatz gerutscht.)
Schaffner: Haben sie gefälligst
Obacht über ihre mitgeführten Gepäck-stücke! Sie blockieren den Fluchtweg;
man bricht sich ja den Hals!
Anna: ( Sie scheint aus einem Traum erwacht
zu sein.)
Bitte?...Was ist?...
Schaffner: Ihre Koffer...
Anna: Nein,...das sind nicht meine
Koffer
Der Schaffner bückt sich nach den herumliegenden Gegenständen, findet
eine abgegriffene
s/w Fotografie. Er verzieht mürrisch triumphierend das Gesicht und wirft
ihr das Foto auf den Schoß. Anna hebt das Foto auf. Sie betrachtet es.Sie
wirkt ungläubig erstaunt als auch sie sich nun selbst auf dem alten
Foto erkennt.
Schaffner: ( bläht sich noch weiter auf)
Ihre Fahrkarte...Bitte!!
Anna wühlt gleichgültig mit einer Hand in ihren Taschen ohne ihren
Blick
von der Fotografie zu nehmen. Sie wird
nicht fündig, zuckt nur mit den Schultern.
Schaffner: Wußte ich’s doch!
Er packt sie unsanft am linken Arm, führt sie zur Tür und stößt sie
hinaus;
holt den Koffer und schleudert ihn ihr nach.
Anna ist zu Boden gestürzt.
Der Koffer landet neben ihr. Sie zieht verschiedene
Gegenstände heraus. ( Spritze, einen Beutel
mit einer weißen Substanz, einen Löffel, einen Brief “für Anna” )
Sie liest, verliert immer mehr die Fassung
und beginnt zu weinen.
Einige Schritte entfernt traktieren die Blaumänner
mit roher Gewalt die liegengebliebene Lokomotive.
Blaumänner: Schrott!
Schaffner: Wenn wir nur wieder
nach Haus´ damit kommen!
Nächste Woche kommt die neue V200.
Die Lok weint
Chor der Reisenden:
Die Zeit,
Sie hat euch überholt!
Ihr kommt zu spät!
Anna: Wenn er bloß noch lebt!
Lok: Wenn’s nur weitergeht!
Anna steht auf, geht auf die Lokomotive zu, spürt ihre Trauer und
Schmerzen; legt ihre Hand an ihren Kessel.
Die Lokomotive, Anna und Koffer beisammen.
Blaumänner werkeln.
Anna, Koffer und Lok:
Viel zu lang
Auf vorbestimmten, erznen Bahnen.
Das Glück kam uns zuweil entgegen
Auf dem Gleisweg nebenan.
Es fuhr vorbei
Genau wie wir
Dritter Akt
Erste Szene
Der Kleinstadtbahnhof des
ersten Akts
Es ist Abend geworden; spärliche
Beleuchtung
Auf dem Bahnsteig tragen zwei Sanitäter
eine männliche Person. Sie setzen die Tragbahre ab. Ein Sanitäter
putzt sich die Nase.
Bahnpolizei auf, Reporter mit Kamera; Gaffer.
Billettverkäuferin im Schalter. Die Sanitäter wollen die Bahre wieder
aufnehmen.
Bahnpolizist:
Haltet ein in eurem Tun!
Gewährt der Welt einen Blick
In die Abgründe menschlichen Elends!
( bahnt dem Fotografen eine Schneise durch
die Menge der Schaulustigen; steckt einige Geldscheine in seine
Tasche.)
Der Reporter fertigt einige Aufnahmen; die
Sanitäter und der Polizist posieren neben dem Toten
Der Reporter zückt Notizblock
und Bleistift:
Weiß man schon genaueres über den Toten?
Polizist: Sie werden verstehen,
daß zum gegenwärtigen Stand der Ermitllungen...Bla Bla
Bla Bla. Blabla
Der Reporter zieht aus dem Mantel ein Bündel
Banknoten, zieht einige heraus, steckt sie dem Polizisten zu.
Polizist: Er hatte keine Papiere
bei sich, aber ich habe ihn wiedererkannt: Das ist der Sogar. Ich
kannte den schon, da war der noch so klein. Ich hab et ja immer gesagt,...
schon als er damals immer mit dem Mofa...
Gleichzeitig hatte im Schalter das
Telefon geklingelt. Die Billettverkäuferin hört zu, wird immer aufgeregter.
Die Billettverkäuferin setzt ihren
Megaphon-Hut auf, schreit hysterisch:
ACHTUNG! ACHTUNG! EINE WICHTIGE
DURCHSAGE!!
ACHTUNG! ACHTUNG! ( Warnhupen
und Panikbeleuchtung an )
EINE LOKOMOTIVE BEWEGT SICH FÜHRERLOS
AUF DEN BAHNHOF ZU!!
EINE JUNGE FRAU IST AUF DEN ANFAHRENDEN
ZUG AUFGESPRUNGEN!
DIE BAHNDIREKTION SCHLIESST EINEN TERRORISTISCHEN
HINTERGRUND NICHT AUS!
AUFGRUND EINES TECHNISCHEN DEFEKTS IM
DRUCKKESSEL DER LOKOMOTIVE BESTEHT AKUTE EXPLOSIONSGEFAHR!
VERLASSEN SIE UMGEHEND DEN BAHNHOFSBEREICH!!
ICH WIEDERHOLE: EINE LOKOMOTIVE...
Panik bricht aus. Kreischend versuchen
die Anwesenden, sich in Sicherheit zu bringen. Rempeleien am Ausgang.
Zurück bleibt die Bahre nebst Sogar, die
Billettverkäuferin, ( sie hat einen Schutzhelm aufgesetzt ) der Polizist
hat sich, die Dienstpistole im Anschlag, seitlich des Fahrkartenschalters
verschanzt.
Langes Warten.
zweite szene
Gleicher Aufbau
Polizist: ( schreit )
Wann kommt er denn?
Billettverkäuferin:
Der Streckenposten meldet: Soeben Abzweig Z passiert! Er wird
in circa anderthalb Minuten hier sein!
Polizist: Diese
Idioten! Wieso haben die den Zug nicht umgeleitet?!
Billettverkäuferin: Die
sind ausgebüxt. Und außerdem ist es so doch viel spannender, oder!?
Man vernimmt bereits das Nahen des Zuges.
Polizist: Er kommt!!
Billettverkäuferin: Na dann: Gute
Nacht!
Der Zug fährt schnaubend vom Zuschauerraum
herkommend in den
Bahnhof ein.
Anna: Verschwindet! Die Lok kann
jeden Augenblick in die Luft gehen!
Polizist: Steigen sie sofort ab!
Anna und Koffer: Nein!!
Anna tätschelt freundschaftlich den Koffer,
wendet sich dann an den
Leichnam Sogars wie an einen Schlafenden:
Anna:
Sogar!
Komm!
Sogar erhebt sich von der Bahre; zu Anna.
Sie umarmen sich
( der Koffer etwas verlegen dabei, Anna
legt den linken Arm um den Koffer )
Anna : ( zur Lok ) Können wir?
Die Lok stößt einen Pfiff aus, setzt
sich in Bewegung.
Sie streben dem Ausgang zu. Nebeldunst und
Wolken breiten sich über den Boden aus.
Die vier scheinen aufwärts in den Wolken
zu verschwinden. Engelsmusik.
Eine Detonation. Fröhliches Pfeifen der
Lok.
Alle übrigen Darsteller haben währenddessen
die Bühne betreten und demVorgang ergriffen beigewohnt.
Billettverkäuferin: Sie
sind gen Himmel aufgefahren!
Alle:
Sie sind gen Himmel aufgefahren!
Chor des Bahnhofs:
Wer den Pfad nur immer geht
Den ein and´rer ihm gelegt
Der weiß nicht mehr wohin
Sobald es abwärts mit ihm geht
Tritt heraus aus deiner Bahn
Und treib dich um
Weiß ist der Schwan
Tanz durch dein Gestern, Heute, Morgen
Nichts ist vorbei, was einmal war
Im Land des Opernschmalzes.
EPILOG:
Ich äße Äpfel gern aus deiner Hand
Und züchtet´ Blumen für deine Fensterbank
Doch wohin sollt ich sie tragen?
Es folgt ein höchst rätselhaftes Ballett zu
Tod und Auferstehung, in dessen Verlauf ...
ENDE
Die Rollen und ihre Darsteller
Anna......Ruth
Blauert
Sogar.......Klaus
Wenner, Hilke Weimann
Lokomotive:
.....Kalle Hommelsheim
Billettverkäuferin:
...........Heike Tödt
Koffer:
.........Susanne Buddenberg
Bahnhofsvorsteher:
.......Marco Book
Blaumänner:
.....Tom meyer - Alfred Reuters - Klaus Wenner
Mann mit Brot:
.............Axel Fahl* - Klaus Wenner - A.Reuters
Mechaniker:
....Tom Meyer - Alfred Reuters - Klaus Wenner
Musiker:
..................Marco Book - Tom Meyer - Alfred Reuters
Wurstkellnerin:
.....Hilke Weimann - Heike Ttödt
Schaffner:
.........Alfred Reuters
Polizist:
....... Alfred Reuters
Reporter:
.....Alfred Reuters
Sanitäter:
..Marco Book - Tom Meyer - Alfred Reuters
Reisende:
......Marco Book - Tom Meyer - Heike Tödt
Hilke Weimann - Klaus Wenner - Alfred Reuters
Appearing as bata
iliC:
Kalle hommelsheim
(*) hatte wie immer
nur drei Minuten Zeit und verabschiedete sich nach einer kurzen Einzelprobe.
Crew.
Steadycam: .....Jan Rehwinkel
Kamera 2: .........Alfred Reuters
Die Stimme: ......Susanne Buddenberg
Requisite: ......Hommelsheim,
Meyer, Reuters
Sprachwissenschaftliche Beratung:...Elke
Wirtz
Mann ohne Zeit: ......Axel Fahl
Licht- & Pyrotechnik: ......Alfred
Reuters
Catering: ...... C. Maether
Kopfschütteln & Publikum:
.............Iska Zander
Stills: ........Alfred Reuters
“et is achtuhr-Mann”:.....Huusmeester
Reuter
Müllregie: .....Alfred Reuters
Best boy: ....“Batschu” (Marco)
Book
Musik:
W.A. Mozart...Requiem, K.626
M.A. Charpentier.......Te deum
zu diesem stück entstand, weil ursprünglich
als oper konzipiert, musik einer
jungen maastrichter musikstudentin. Ihr werk ist jedoch, ebenso wie
sie selbst,
noch vor der übergabe der noten verschollen.
ihr name ist mir leider entfallen, soll jedoch an
diesem____________________________________Platz handschriftlich
nachgetragen
werden, sobald er mir wieder einfällt.
Eine Raum 131 Produktion in der
Koje